VON ERFOLGSFAKTOREN ZUM SMART LEARNING CREATION TOOLKIT

Wie kommt man von der Theorie in die Praxis? Dies ist eine durchaus anspruchsvolle Frage, vor allem bei so komplexen und innovativen Lernformaten wie Smart Learning Environments (SLEs). Smart Learning Environments sind intelligente und hybride Lernräume, die die Lehrenden und Lernenden je nach Lernsituation optimal unterstützen (vgl. Beitrag zu SLEs). SLEs entstehen, indem man Technologien aus den Bereichen IoT und AI auf Lernprozesse anwendet. Dadurch werden adaptive und ubiquitäre Lernformate kombiniert, womit vorhandene Brüche zwischen formalen und informellen Lernsettings verringert und die Lernmotivation durch hohe Personalisierung (vgl. Beitrag zu PLE) und Situiertheit verbessert werden.

Intelligente Infrastrukturen werden zukünftig in der Lage sein, Lernenden Zusatznutzen durch die Auswertung ihrer Daten zu generieren. Hierbei schlägt ein System relevante und benötige Informationen vor, die aus unterschiedlichen Quellen herangezogen werden. Persönliche Informationen werden mit anderen vernetzt und mittels Verfahren aus der Künstlichen Intelligenz (z.B. Semantic, Machine Learning) sinnvoll verknüpft. Eine kritische Auseinandersetzung zum Thema Datenschutz ist HIER nachzulesen.

Ein Smart Learning Environment ist darüber hinaus eine hybride Lernumgebung, in welcher digitale und analoge Lernformate in einem “intelligenten Lernraum” didaktisch sinnvoll kombiniert werden. Soweit jedenfalls die Theorie.

Aber wie kommt man „ganz praktisch“ zu einem Smart Learning Environment? Wie kann ein derart komplexes Lernszenario greif- und gestaltbar gemacht werden? Welche Faktoren und Bereiche müssen systematisch berücksichtigt und aktiv gestaltet werden, um im Ergebnis intelligente und hybride Lernräume nutzen zu können? Vor allem welche Lern-Modi (vgl. Interview mit Elias Barrasch) sollten in konkrete Use-Cases überführt werden, damit Lernen Spaß macht und zu einem echten Erlebnis wird? Wie kann die noch immer überwiegende „Wissensvermittlung“ via Powerpoint-Slides in moderne Lernformen wie SLEs transformiert werden? Derartige Fragen werden in der aktuellen Literatur leider ungenügend bis gar nicht beantwortet. Konkrete Werkzeuge zur Gestaltung von SLEs fehlen gänzlich.

Dieser (Forschungs-)Lücke widmet sich mein Dissertationsprojekt.

Um Antworten zu finden und anwendungsorientierte Konzepte zu entwickeln, müssen transdisziplinäre Erkenntnisse aus Pädagogik, Informatik und Design/ Architektur in einem ganzheitlichen Ansatz zusammengeführt werden.

Im Rahmen meiner Dissertation habe ich vor dem Hintergrund eines Design-Based Research Ansatzes ein exploratives, triangulatives und mehrstufiges Untersuchungsdesign gewählt, um in einer Studie systematisch zu erforschen, wie ein „Meta-Konzept“ zur Gestaltung von Smart Learning Environments aussehen könnte. Hierbei wurden zunächst sechs Teilbereiche eines SLEs identifiziert, die in ihrer Gesamtheit eine smarte Lernumgebung charakterisieren:

 

SLE GIF_1

Auf Grundlage eines soziotechnischen Systems wurden die sechs Teilbereiche in zwei, sich wechselseitig beeinflussende Dimensionen (Mensch & Raum) aufgeteilt und umfassen derzeit 47 Erfolgsfaktoren (vgl. weitere Details HIER). Auf Basis dieser theoretischen Abhandlung wurden anschließend Experteninterviews geführt und die Faktoren validiert. Im Ergebnis konnten die vier wichtigsten Erfolgsfaktoren für jeden der Teilbereiche konkreter herausgearbeitet und in der folgenden Grafik zusammengefasst werden:

Smart Learning Items

In den kommenden Monaten wird dieses Framework immer differenzierter ausgearbeitet mit dem Ziel, ein Vorgehensmodell mit konkreten Werkzeugen zur Gestaltung von SLEs zu entwickeln. Dieses SMART LEARNING CREATION TOOLKIT soll folgende Bestandteile umfassen:

  1. Ein Whitepaper mit allgemeinen Handlungsempfehlungen zur Gestaltung von SLE
  2. Ein SLE-Referenzarchitekturmodell
  3. Eine Empfehlung zum methodischen Vorgehen (Forschungswerkstatt und Design Sprints)
  4. Toolkit

Das SMART LEARNING CREATION TOOLKIT beinhaltet Werkzeuge zur iterativen und unternehmensspezifischen Gestaltungsarbeit z.B. in Form von Kontextanalysen, Reifegradanalysen, SLE Storyboards, Templates für User Journeys & Personas, Learning Canvas, Leitfragen & Literatur.

Diese werden auf Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie in Anlehnung an bereits etablierte Methoden wie Design Thinking oder Business Model Canvases nach Osterwalder konzipiert.

Smart Learning Creation Toolkit

Damit sollen Unternehmen in die Lage versetzt werden, individuelle SLE-Lösungen zu entwickeln. Das SMART LEARNING CREATION TOOLKIT berücksichtigt dabei systematisch didaktische, designorientierte und informationstechnische Kriterien bei der Gestaltungsarbeit.

Im Ergebnis könnte eine Art Lernlandschaft (vgl. Co-Working Space) mit “smarten Zusatzfunktionen” entstehen, die im Sinne eines „Workplace-Learning integrierten-Ansatzes“ kontinuierlich die Arbeits- und Lernprozesse bedürfnisorientiert fördert. Folgende Use-Cases wären denkbar:

  • Jeder MA verfügt über eine individuelle, digitale Lernumgebung, die alle Ressourcen bündelt. Lernprozesse & Lernergebnisse sind darüber steuer- und vernetzbar.
  • Automatisches Aufladen der mobile Devices auf den Tischen
  • Einfache Sharing Funktion für Dateien von jedem Device auf alle Screens
  • Umfangreiche Toolboxen (mit digitalen und analogen Tools)
  • Spezielle Bereiche, in welchen digitale Lerninhalte zu Videos, Infografiken, Foto-Collagen etc. aufbereitet werden können (vorinstallierte Kameras, Tutorials zu unterschiedl. Tools, (Touch-)Screens, Smartboards, Selfi-Sticks, Tablets, Smartphones, automatisierte Licht- und Tonsteuerung etc.)
  • Spezielle Bereiche, in welchen Lerninhalte analog verarbeitet und visualisiert werden (Foam-) Boards, Post-Its, Stifte, farbiges Papier, Lego, Cutter, SAP-Scenes, Canvases etc.)
  • Individuell programmierte Funktionen (z.B. One-Klick-Foto) mit smart Buttons (z.B. Flic-Buttons)

Wichtig ist, dass die Use-Cases den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter/innen im Unternehmen entsprechen und das SLE eine Vielfalt moderner Lernmethoden unterstützt.

Gemäß dem Motto „CREATE EXPERIENCES – NOT LESSONS“ unterstützt ein SLE unterschiedliche und insbesondere selbstgesteuerte Lernformate. Beispielsweise das Produzieren und Nachbearbeiten von Videos, Animationen, Comics, Infografiken, Sketchnotes etc. durch das zur Verfügung stellen von Toolboxen. Diese Toolboxen enthalten einerseits kurze „How-To“-Anleitungen sowie andererseits die dafür notwendige Soft- bzw. Hardware.

Stellen Sie sich vor, Sie als „Learning Facilitator“ haben noch nie mit Sketchnotes gearbeitet, möchten diese Visualisierungstechnik aber in Ihre formalen Lernsettings innerhalb einer Gruppenarbeit einbinden. Wäre es nicht praktisch, Sie und die Lernenden könnten sich spontan ein „How-To-Tutorial“ ansehen und der „Trainingsraum“ würde die dafür notwendigen Tools inkl. Tablet anbieten, ohne dies mühsam Wochen vorher planen und organisieren zu müssen?

Dann könnte ein mögliches Ergebnis der formalen Weiterbildung ggf. wie folgt aussehen, das dann wiederum in den persönlichen Lernumgebungen (PLEs) der Lernenden gespeichert und mit anderen im Unternehmen (informell) geteilt werden könnte:

Learn like a pirate

Ein weiteres Ergebnis könnte durch Nutzung des Tools “Easel.ly” (ein Infographik-Tool) so aussehen:

IoT Timeline

Ich freue mich auf weitere Anregungen, Ideen und Hinweise.

Ein Kommentar

Kommentar verfassen