Unter dem Hashtag #oscibar wurde diese Woche eifrig über die Inhalte des Open Science BarCamps der Leibniz Research Alliance Science 2.0 getwittert, das in den Räumlichkeiten von Wikimedia in Berlin ausgerichtet wurde. Im Talk von Annekatrin Bock wie auch in den Diskussionen der einzelnen Sessions danach wurde deutlich, dass Open Science insbesondere auch “Einstellungssache” ist, die kulturell geprägt ist.
Bereits in der Schule findet das Lernen im Wettbewerb mit anderen Schüler/innen statt. Jeder schreibt die Klausuren für sich alleine. Nur die Noten zählen. Kollaborative Elemente beim Lernen oder auch die Zusammenarbeit in interdisziplinären Schulprojekten sind leider noch immer die Ausnahme. Das Teilen von Wissen wird schlichtweg kaum gefördert, geschweigedenn belohnt.
In diesem Konflikt steckt auch die Open Science Gemeinschaft. Wissenschaftliche Reputation erhält nur derjenige, der in ausgewiesenen Journals publiziert, die ihre Inhalte natürlich nur gegen Lizenzgebühren weitergeben. Wenn man dann als Wissenschaftler/in gar öffentlich, also “open” publiziert läuft man Gefahr, nicht ernst genommen zu werden und dem “wissenschaftlichen Kodex” zu widersprechen. In den Diskussionen der einzelnen Sessions im BarCamp wurde diese Problematik immer wieder deutlich. Vor allem auch, welche gewachsenen und traditionellen Machtstrukturen die Verlage aufrechterhalten, um das gewinnbringende System nicht zum wanken zu bringen. In den Statements der erfahrenen Wissenschaftler/innen des BarCamps konnte man die Enttäuschung geradezu spüren, da das Thema wohl noch lange nicht “abgehakt” werden kann. So manche waren sogar der Meinung, dass wir niemals zu einem weltweiten OpenScience-Ansatz kommen werden. Eine deprimierende Vorstellung. In diesem Zusammenhang fällt mit die traurige Geschichte von Aaron Swartz ein, der sein Leben für diese soziale Idee geopfert hat.
Leben und Wirken von Aaron Swartz aus Wikipedia:
“2008 proklamierte Swartz das von ihm im Juli desselben Jahres formulierte Guerilla Open Access Manifest als Grundlage für den radikalen Flügel der Open-Access-Bewegung und veröffentlichte 2009 etwa 20 Millionen Seiten von Gerichtsentscheidungen,die er im Vorjahr aus der öffentlichen und von bestimmten Bibliotheken aus probeweise kostenlos zugänglichen Datenbank PACER (Public Access to Court Electronic Records) heruntergeladen hatte. Der Vorgang war legal; Swartz beabsichtigte die Erstellung eines durchsuchbaren Archivs. Die Dokumente sind nun im Internet Archive zugänglich.
Am 19. Juli 2011 wurde Swartz angeklagt, 4,8 Millionen wissenschaftliche Artikel von dem Zeitschriftenarchiv JSTOR illegal heruntergeladen zu haben.Nachdem er die Daten an JSTOR ausgehändigt hatte, kündigte der Betreiber an, keine zivilrechtlichen Ansprüche gegen Swartz zu stellen. Der Fall wurde vom Staatsanwalt Stephen Heymann weiterverfolgt.Gegen eine Kaution von 100.000 US-Dollar blieb er auf freiem Fuß. Ihm drohten im Fall seiner Verurteilung eine bis zu 35-jährige Haft- und eine hohe Geldstrafe. Im September 2011 gab JSTOR bekannt, den gemeinfreien Teil der Zeitschriftentexte öffentlich zugänglich zu machen, am 9. Januar 2013 gaben sie bekannt, 4,5 Millionen Artikel für begrenzte Zeit kostenlos zugänglich zu machen.
Noch vor Beginn des Gerichtsprozesses, der für April 2013 angesetzt war, beging Swartz, der seit Jahren an Depressionen litt, Suizid. Er wurde am 11. Januar 2013 von seiner Freundin in seinem Apartment in Brooklyn tot aufgefunden. Am 15. Januar 2013 wurde Swartz in Highland Park (Illinois) beigesetzt. Tim Berners-Lee, der Begründer des World Wide Web, hielt eine der Trauerreden. Drei Tage vorher hatte er Swartz ein Gedicht gewidmet.
Am 27. Juni 2014 wurde der durch Crowdfunding finanzierte Dokumentarfilm The Internet’s Own Boy veröffentlicht. Er behandelt das Leben und Wirken von Aaron Swartz von seiner Kindheit bis zu seinem Tod.”
Ich kann jedem Interessierten diesen Film ans Herz legen, eine sehr bewegende und beeindruckende Geschichte.
Doch es gibt auch Hoffnung. Plattformen wie SCI-HUB oder auch das Team von Open Knowledge Maps setzen sich mit Peter Kraker als Gründer für eine neue Form der Wissensrecherche und deren visualisierte Aufbereitung ein. Eine wirklich spannende Sache wie ich finde. Mehr zu Open Knowledge Maps erzählt Peter Kraker im OpenScienceRadio.
Und eine weitere gute Nachricht in diesem Zusammenhang hat mich über die Facebook-Seite von Prof. Kinshuk erreicht:
Das ist doch ein Grund zur Freude und ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Was jeder Einzelne tun kann, hat Bianca hier zusammengefasst:
Weitere Informationen sind im Etherpad I und Etherpad II hinterlegt. Danke an die Organisator/innen und die Teilgebenden für die kollaborative Zusammenarbeit und die Denkanstöße. Bis zum nächsten BarCamp.
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